Ordnungsruf erhält, wer Tatsachen feststellt

In der im April stattgefundenen Landtagesitzung offenbarte sich einmal mehr, was die selbsternannten Demokraten unter Debattenkultur und parlamentarische Gepflogenheiten verstehen. Wie zu Zeiten der DDR-Volkskammer erhalten jene Abgeordnete Ordnungsrufe, die nicht auf Linie sind und bei der Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) in Mißkredit stehen. Regelmäßig trifft es daher Vertreter der einzigen Opposition – der NPD.
 
Unter dem Tagesordnungspunkt 12 stellte die Vorsitzende des Petitionsausschusses neben einer regulären Sammelübersicht auch den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2009 dem Landtag zur Abstimmung. Tino Müller, Mitglied des Ausschusses, ergriff während der Debatte zweimal das Wort und geißelte unter anderem den steten Entdemokratisierungprozeß in Mecklenburg-Vorpommern.
 
Politkaste ignoriert Bürgerwillen
 
Vielen Mecklenburgern und Pommern ist es bewußt, daß das Vorhaben „Kreisgebietsreform“ in der jetzigen Form dazu führen wird, daß landesweit viele derzeitige Kreisstädte ihren Status als Zentrum verlieren und der Bedeutungslosigkeit anheimfallen. Müller ging hierbei auf eine Masseneingabe ein. Eindrucksvoll demonstrierten über 21.000 Petenten, daß sie ihre Stadt Parchim auch künftig als Sitz der Kreisverwaltung behalten wollen. Hierbei machte der NPD-Abgeordnete unter anderem Feststellungen zu Kungeleien hinter verschlossenen Türen und prangerte die in der Landespolitik üblichen arglistigen Täuschungen gegenüber Bürgern an – nachzulesen in diesem Sitzungsprotokoll.
 
Einspruch abgewiesen
 
Der stellvertretende Landtagspräsident Hans Kreher (FDP) stand Bretschneider in Nichts nach und quittierte dies mit einem Ordnungsruf, der zum Wortentzug Müllers führte. Hiergegen legte der nationale Volksvertreter einen Einspruch ein, der abgewiesen wurde.
 
In der Begründung ließ Bretschneider antworten, daß insbesondere die Passagen„alt bewährte Kungeleien hinter verschlossenen Türen“ und „gewohnte Phrasendrescherei, Lippenbekenntnissen und arglistiger Täuschung gegenüber den Bürgern“  in Bezug auf Landespolitiker dem Landtagspräsidium sauer aufstießen. Damit hätte Müller laut dem Schreiben der Präsidentin „in provokativer Art und Weise die Landespolitiker angegriffen und verunglimpft“. Zudem hätte dies „der Würde und dem Ansehen des Landtages und der Landesregierung geschadet“. Erinnert sei an dieser Stelle an die Äußerung des Landesinnenministers Lorenz Caffier, der Tino Müller ohne Konsequenzen „Arschloch“ nannte. Wir berichteten hier.
 
Ordnungsrufe adeln Oppositionsarbeit
 
Tino Müller äußerte nach Erhalt von Bretschneiders Antwort schreiben:
 
„Das Schreiben der Landtagspräsidentin unterstellt, daß die NPD für die Verrohung der Politik verantwortlich gemacht werden soll. Ersten ist meine Partei nicht in den Landtag von tausenden Landsleuten gewählt worden, um Scheinopposition, wie die FDP und die Linken es betreiben, zu praktizieren. Zweitens vergißt die Dame, daß die NPD nicht die herrschenden Mißstände und Nöte im Volk verursacht hat.
 
Feststellungen und die Benennung von Tatsachen – insbesondere über den Umgang der Landespolitiker mit den Bürgern – sind sicherlich unangenehm für Bretschneider und Co., aber notwendig. Ich weiß, daß der direkte Ton für die etablierten Politpfeifen recht ungewöhnlich ist, da er vor dem Einzug der NPD in den Landtag von den feinen Ohren nicht vernommen worden ist. Frau Bretschneider wird andere Geschütze als einen Ordnungsruf oder einen Wortentzug auffahren müssen. Aber mir den Mund verbieten können solche pseudodemokratischen Methoden auch künftig nicht.“
Quelle: www.npd-fraktion-mv.de Erstellt am Freitag, 28. Mai 2010